RC-MS - 60 Jahre Modellflugsport
Angefangen hat alles 1964. Einer der besten Kenner dieser Szene ist der langjährige Bundesfachreferent und unser gegenwärtiger Präsident des Landesverbandes Niederösterreich Herr Ing. Roland Dunger. Er konnte dazu gewonnen werden über die Geschichte der Klasse RC-MS zu erzählen
Seit vielen Jahren war ich mit der Modellflugklasse RC-MS (Radio Control-Motorsegelflug) verbunden. Es muss so im Jahr 1982 gewesen sein, als ich mit dem Wettbewerbsfliegen in dieser Disziplin begonnen habe. Vorher flog ich mit meinen Kollegen aus meinem Verein wettbewerbsmäßig RC-Hang, Dabei mussten wir uns ständig nach der Windrichtung orientieren und folglich den passenden Hang wählen. Manchmal war dieser Prozess aufwändig und der Erfolg mäßig. Daher suchte ich eine Alternative und die war die Klasse RC-MS. Der bauliche und fliegerische Aufwand war übersichtlich und man konnte alleine trainieren. Ausschlaggebend war auch ein lieber RC-MS Kollege, der damals in Feldbach leidenschaftlich zu mir sagte, ich solle doch mitfliegen. Ich blieb dieser Klasse 42 Jahre treu.
Der Einstieg war trotzdem nicht so einfach. Die Modellmotorentechnik, wir flogen damals mit einem 2,0 bis 2.5 cm³ 2-Takt Verbrennungsmotor, die wir nicht nach dem herkömmlichen Leistungsstandard einsetzten. Wenn man an die Spitze gelangen wollte, musste man diese Motore einem Tuning unterziehen. Das war nicht so einfach, aber sehr spannend, und das Wissen über diese Motortechnik war umfassend.
RC-MS ist eine sehr bewährte Modellflugklasse und nach den Archivunterlagen von Gerd Kirchert könnte der erste Wettbewerb im Mai1964 auf dem Flugplatz St. Pölten – Völtendorf stattgefunden haben. Es müsste schon eine Szene vorhanden gewesen sein, da die Piloten von Salzburg, St. Pölten, Herzogenburg, Rainfeld, Wien und Laa a. d. Thaya gekommen sind. Weiters fanden Gerd Kirchert und ich im Archiv Unterlagen, über den ersten RC-MS Wettbewerb in Salzburg-Kraiwiesen. In der Ergebnisliste habe ich erstmalig unseren treuen RC-MS-Pilot Karl Leeb entdeckt. Er ist es, der gegenwärtig noch vieles von dieser Klasse zu erzählen weiß. Damals durfte man nur zwei Kanäle, entspricht einem linken und einem rechten Ausschlag verwenden. Kraftflug war auf 2 min und der Segelflug auf 5 min limitiert. Ich habe später in den FAI-Unterlagen recherchiert und herausgefunden, dass diese Klasse oder eine ähnliche, bereits eine mögliche internationale Klasse war, jedoch bei uns nie nach FAI-Regeln geflogen wurde. Dennoch kamen ausländische Piloten z.B. aus Jugoslawien und Deutschland zu uns und flogen diese Klasse. Es war früher oft üblich, dass einfache Klassen gebildet wurden, um dort Erfahrungen und Wissen zu sammeln, um später in die schwierigen Disziplinen umsteigen zu können. Besonders für die Kunstflugklassen war dieser Weg gedacht. Wie es sich aber gezeigt hat, ist dieser Gedanke nicht aufgegangen und es haben sich eigenständige und spezialisierte Modellflugdisziplinen entwickelt. Zurzeit gibt es so viele Klassen, die einerseits relativ einfach zu fliegen sind, andererseits aber besondere bauliche und konstruktive Voraussetzungen benötigen.
Im Archiv fanden wir eine Ergebnisliste von der ersten Österreichischen Staatsmeisterschaft, die am 14.10.1967 in St. Pölten durchgeführt wurde. Es haben sich 26 Personen angemeldet. Aus dem Jahr 1982 haben wir eine Ergebnisliste einer Österreichischen Meisterschaft gefunden, wo 52 Personen mitgeflogen sind. Ich kann mich noch gut erinnern, dass bei vielen RC-MS-Wettbewerben die Teilnehmeranzahl um die 27 Personen war. Die Mittelpunkte der Wettbewerbsfliegerei waren Oberwart, Feldbach (Kornberg Fliegen), Gnas, Kraiwiesen, Günselsdorf, St. Pölten, Mistelbach, Zistersdorf, Altenmarkt/Triestingtal, Mellach bei Strassburg/Ktn., Kreuzenstein, Bockflies usw. Zuletzt waren es Günselsdorf, Rückersdorf, Feldbach, Erlauftal und Weichstetten, die RC-MS Meisterschaften ausgetragen haben.
Woran lag aber die Faszination des RC-MS Fliegens. Es waren 4 Komponenten ausschlaggebend. Motorflug, Segelflug, Motortechnik und Konstruktion eines RC-MS-Flugmodells. Beim Motorflug ist ein schnelles und exaktes Steigen und Ausgleiten aus dem Steigflug wichtig. Der Segelflug verlangt ein Aufsuchen von Thermik und einen kleinen Gleitwinkel, in der Motortechnik ist Wissen über Leistungssteigerungen und Motoroptimierung entscheidend und zuletzt muss das alles konstruktiv an einem RC-MS-Modell umgesetzt werden.
Das Regelwerk war folgendermaßen definiert, dass Motorlaufzeit und Segelflugzeit gemessen wurden. Der Landeanflug und die Landung unterlagen einer separaten Bewertung. Aus dem Verhältnis aller Zeitfaktoren und Landepunkten ergab sich dann das Endresultat. Diese Art der Berechnung blieb bis zum Schluss dieser Klasse vorbehalten.
In all den Jahren gab es viele Veränderungen, die durch Einwirkungen von außen, vor allem durch Lärmprobleme, aber auch durch fliegerische und abwicklungstechnische Gründe zu Stande kamen. Wer waren die zuständigen Funktionäre im ÖAeC? Ich habe 1996 von Mag. Helmut Krasser die Funktion des BFR übernommen und übte diese bis 1999 aus. Mein Nachfolger war DI Robert Hegenbart, der drei Jahre dieses Amt ausübte. Danach übernahm ich wieder diese Funktion von 2002 bis 2008. Später wurden Alois Strassbauer (2008 bis 20016) und Ing. Bernhard Infanger (2017 bis 2024) die zuständigen Bundesfachreferenten (BFR). Auch bei den Punkterichtern gab es Anpassungen an die steigenden Anforderungen. Viele Jahre hindurch waren es je zwei bzw. vier Punkterichter (ab 2015 wieder zwei), die für die Zeitmessung und Bewertung des Landeanfluges und die Landung zuständig waren. Ab 1998 durften nur RC-MS geprüfte Punkterichter bewerten. In Jahr 1999 wurde ein zusätzlicher Landerichter eingesetzt und der Landeanflug konnte frei gewählt werden. Bis ins Jahr 2007 gab es drei Durchgänge, ab 2008 änderte es sich auf fünf Durchgänge.
Das Jahr 2010 war ein sehr entscheidender Zeitpunkt bei der Verwendung der Antriebsmotoren. Bis dahin setzte man für den Steigflug 2-Takt oder 4-Takt Verbrennungsmotore mit Schalldämpfer ein. Der entstandene Lärm wurde gemessen und durch eine Lärmgrenze war die Verwendung dieser Motore eingeschränkt. Ab diesem Datum konnte man auch Elektroflugmotore nach bestimmten Kriterien einsetzen. Viele Piloten wagten den Übergang zum E-Motor, einige beschlossen aufzuhören, nur Robert Pyrek gebrauchte bis zum Schluss seinen Verbrennungsmotor.
Eines ist aber noch zu nennen. Die RC-MS-Gilde hatte schon 1998 ein eigenes Logo, dass hier nochmals vorgestellt wird. Der rote Strich bedeutet Steigflug, der grüne Segelflug und die absteigende schwarze Linie den Landeanflug.
Es war eine sehr intensive und aufregende Zeit. Ich war glücklich dabei gewesen zu sein und möchte viele Erlebnisse, Freundschaften und das Wettbewerbsfliegen in dieser Klasse nicht missen.
Euer Ing. Roland Dunger, 20.11.2024
Am 22.Juni 2024 wurde die vorläufig letzte ÖM in dieser Klasse durchgeführt. Zwölf Piloten haben sich in Rückersdorf versammelt. Österreichischer Meister darf sich neuerdings Christian Fink vom HSV MBC Feldbach nennen. Zwei Veteranen, Roland Dunger und Gerhard Paulitsch, konnten begrüßt werden. Letzterer hat nach zwanzig Jahren die Gelegenheit genützt bei diesem Bewerb wieder dabei zu sein.
Ein äußerst erfolgreicher Pilot dieser Klasse war Johann Baumgartl. Er hat in den letzten Jahren jeden zweiten Bewerb für sich entschieden. Gleich ob starker Wind oder Thermik, er hat die höchsten Steigflüge erreicht, ist hervorragend Thermik geflogen und hat die vorbildlichsten Landungen geboten. An ihm hatten wir uns messen.
Das steigende Durchschnittsalter und die einhergehende Verringerung der Pilotenanzahl legen nun nahe die Klasse RC-MS vorerst ruhend zu stellen. Man soll niemals nie sagen, denn Interesse besteht und wenn sich eine Pilotengruppe und Veranstalter finden, dann wird die herausfordernde Klasse RC-MS wieder geflogen.
Bild1: ÖM 2024 Rückersdorf: LSL Manfred Dittmayr, Präsident des LV NÖ Roland Dunger, Martin Grabher (2), Christian Fink (österr. Meister), Manfred Schiefert (3), BFR Bernhard Infanger
Bild2: Drei Bundesfachreferenten: Alois Straßbauer (2008- 2016), Bernhard Infanger (2017-2024), Roland Dunger (1996-1999 und 2002-2008)